Was tun Sie als Therapeut/in, wenn Ihr Klient zu spät oder nicht wie vereinbart zur Behandlung erscheint? Was gilt umgekehrt, wenn Sie nicht zur abgemachten Zeit vor Ort sind? Gerne möchten wir heute die rechtliche Seite dieser Punkte etwas genauer anschauen.

Kurzfristig gemeldete Verhinderung oder Unzeit

Ihre Klientin entscheidet sich, nicht zum Termin zu erscheinen und lässt diesen ganz ausfallen ohne sich frühzeitig abzumelden oder ruft Sie erst nach dessen Beginn an. Sie teilt mit, es sei etwas dazwischen gekommen. Da ihre Absage zu kurzfristig ist, um die Zeit für einen anderen Klienten zu nutzen, entsteht für Sie ein sogenannter “Vertrauensschaden zur Unzeit”. Haben Sie sogar Material beschafft oder extra für die Klientin bereitgestellt und können dieses nicht weiterverwenden, spricht man dabei von einem zusätzlichen “Vertrauensschaden”.

Sind Sie im Gegenzug zur abgemachten Zeit nicht vor Ort oder haben fälschlicherweise mit zwei Patienten denselben Termin vereinbart? Ihrer Klientin entsteht ebenfalls ein Vertrauensschaden – zum Beispiel können dies Kosten für ein Bahnbillett, Benzin oder den Babysitter sein.

Artikel 404 OR sagt hierzu: Der Auftrag kann von jedem Teile jederzeit widerrufen oder gekündigt werden. Erfolgt dies jedoch zur Unzeit, so ist der zurücktretende Teil zum Ersatze des dem anderen verursachten Schadens verpflichtet.

Kommt Ihre Klientin also nicht oder zu spät, dürfen Sie rein rechtlich die Behandlung in Rechnung stellen.

Lassen Sie trotzdem Nachsicht walten. Fehler können jedem passieren. Aufrichtigkeit, Ehrlichkeit, Toleranz und eine Prise Humor werden Ihnen helfen. Eine Entschuldigung ist hilfreich, das Ansprechen einer kurzfristigen Absage (zur Unzeit) ebenfalls. Allenfalls bietet es sich an, statt des ganzen Honorars nur einen Teil davon zu verrechnen. Gegenseitige Nachsichtigkeit ist immer angebracht.

Was ist ein “Vertrauensschaden”?

In einem Satz beinhaltet dies im Wesentlichen den entgangenen Gewinn. In der therapeutischen Arbeit ist damit der Lohn für die durchgeführte Behandlung gemeint. Auf der Seite Ihres Klienten kann auch ein immaterieller Vertrauensschaden entstehen: Zum Beispiel, weil ein akuter Schmerz besteht, oder er sich auf eine Behandlung durch Sie gefreut hat, aber ohne diese wieder nach Hause zurückkehren muss.

Der wichtige Grund

Eine Erkrankung, ein Unfall des Klienten oder ein Sturm können wichtige Gründe darstellen, der Behandlung fernzubleiben, ohne sich frühzeitig abzumelden. In diesem Fall ist trotz eines Vertrauensschadens kein Schadenersatz geschuldet.

Die Rechtslage ist klar

Entsteht bei Ihnen oder Ihrem Klienten ein Vertrauensschaden zur Unzeit, kann dieser verrechnet werden. Beachten Sie, dass der verursachte Schaden vom Verursacher selbst bezahlt werden muss. Er kann nicht der Krankenkasse überwälzt werden. Wenn Sie als Therapeut/in den Behandlungstermin verrechnen und Ihr Klient diese Rechnung der Krankenkasse weiterleitet, machen Sie sich zweier Delikte schuldig: Der Urkundenfälschung und des Betrugs. Ihr Klient macht sich genauso strafbar, da er im Wissen handelte, dass diese Behandlung nie stattgefunden hat.

Laut StGB werden beide Delikte mit Geldstrafe oder sogar Gefängnis bestraft, je nach Schadenshöhe. Zudem muss der missbräuchlich bezogene Betrag der Krankenkasse zurückerstattet werden.

Fazit

Zusammengefasst gilt laut dem Bundesgericht: Eine Kündigung zur Unzeit liegt immer dann vor, wenn diese ohne wichtigen Grund in einem ungünstigen Moment erfolgt und der anderen Partei besondere Nachteile verursacht.

Es lohnt sich ehrlich zu sein, offen mit Ihren Klienten zu kommunizieren und sie auf ein Fehlverhalten anzusprechen. Genauso wichtig ist es, eigene Fehler zu kommunizieren.

Denn: Das Vertrauensverhältnis ist die Grundlage für den Erfolg einer Behandlung.

Gesetzesquellen:
– OR Art. 398, 402, 404.
– StGB Art. 24, 25, 146, 251 ff.,

Möchten Sie mehr wissen zum rechtlichen Verhältnis zwischen Therapeut und Patient? Schreiben Sie mir ein E-Mail. Die Adresse finden Sie auf meiner Homepage www.peterschreiber.ch.